Teil 2: Vorausschauender Schutz von Nutzungs-Optionen

In die „Ziele und Leitbilder für die künftige räumliche Nutzung und Bebauung“ sollten bereits heute SCHLÜSSELENTSCHEIDUNGEN eingehen, die als verlässliche ANKERPUNKTE für städtebauliche Wettbewerbe und einen nachfolgenden Bebauungsplan verstanden werden. Zugleich sollten irreversible Vorentscheidungen vermieden werden, um Nutzungs-Optionen vorausschauend offen zu halten:
Bewertung von Bestandsgebäuden:
Keine „Reservierung“ für großflächige Nutzungskomplexe („Behörden-Rochade“) mit dem Argument der „vorgegebenen“ Kasernengrundrisse. Ermutigung kreativer Umbauoptionen (vgl. Teil 1). Strukturelle Ertüchtigung, den „Urbanen Dorfplatz“ gewerblich und sozial zu beleben und zu „beheimaten“. Aufnahme korrespondierender Stilelemente der Backsteinoptik auf das Treibhaus vis á vis als Partnergebäude des urbanen Dorfplatzes.
Verschiebung des Treibhauses (Funktionen vgl. Teil 1)
nach Süden bis auf die Höhe des ehemaligen Tennisplatzes. Der Urbane Dorfplatz wird so ein zweites Mal verkleinert (erster Schritt: moderate Ost-Verschiebung der Nordwestseite des Platzes in Richtung Platzmitte – vgl. Teil 1 - zweiter Schritt: Treibhaus von der Nordseite des Platzes Richtung Süden bis auf die Höhe des ehemaligen Tennisplatzes). Der nordwestliche Grünpuffer (zwischen „Am Rußkamp“ und dem vorrückenden Wohnriegel, vgl. Teil 1) mit seitlicher Umrandungsfunktion des Dorfplatzes, führt westlich des Treibhauses vorbei und kann sich vereinen mit einer größeren Grünzone im Norden des Treibhauses. Die moderate Südverschiebung des Treibhauses verleiht dem Dorfplatz mit noch intimeren Dimensionen eine persönlichere Aufenthaltsqualität außerhalb größerer Veranstaltungen. Das grüne Nordareal hinter dem Treibhaus gewinnt an Luftigkeit und wird zum Zugangsraum der hauptsächlichen Wohnareale für das Treibhaus. Die sozio-kulturelle Rolle des Treibhauses lässt sich gleichmäßig zum Dorfplatz mit Bestandsbauten wie auch zu den Anliegern des zentralen Mittelparks ausrichten. Dieser in beide Richtungen einladende zentrale Anlaufpunkt sollte sich auch architektonisch ausdrücken (Einzelprojekt ggf. mit Konzept, Sonderausschreibung und Förder-Mix).
Keine Verhüllung der Bestandsgebäude durch Bebauung des Dorfplatzes
Bei allem Verständnis für optimale Flächennutzung zugunsten vieler Wohneinheiten sollte der urbane Dorfplatz innerhalb des südlichen „Hufeisens“ nicht bebaut werden. Mit den identitätsstiftenden Backsteinfassaden der Bestandsgebäude würde das Gesicht des Platzes verschwinden. Eine direkte Bewirtschaftung und Bespielung durch die Bestandsgebäude wäre aus der „zweiten Reihe“ nicht mehr gegeben. Die sozio-kulturelle Korrespondenz zum gegenüberliegenden Treibhaus würde unterbunden. Eine analoge Rollenübernahme der Bestandsbauten durch Neubauten würde an den Neubau schwer erfüllbare Anforderungen stellen und eine unproportionale Verkleinerung des Platzes mit sich bringen, die einen notwendigen Ausgleich zwischen Nähe und Distanz auf öffentlichen Plätzen mit Anwohnern nicht mehr gewährleistet. Eine wünschenswerte Platzmarkierung durch Bäume wäre auf einem „Restplatz“ reduziert, gedrungen und im ursprünglichen Sinne nicht mehr stilprägend.

Statische und biologische Tabuzonen für Tiefgaragen unter freien Flächen
An dieser Stelle geht es (noch) nicht um ihre verkehrspolitische Einordnung, sondern um ihren prägenden Stellenwert für raumplanerische Überlegungen.
Die Verteilung von KFZ-Stellplätzen entscheidet neben der Lage der Wohnquartiere über Straßen- bzw. Wegverbindungen über das Gelände, um es herum oder nach außerhalb. Parkhäuser oder Tiefgaragen bedeuten bauliche Festlegungen, die selbst nach eintretendem Umdenken im Verkehrsverhalten nicht mehr revidierbar sind. Parkhäuser könnte man rück bauen, nachdem sie über Jahrzehnte Wohnflächen blockiert und Kapital gebunden haben. Deren Flächenkonkurrenz gilt auch dann, wenn sie durch ein vertieftes Fundament eine weniger hohe Silhouette bilden. Tiefgaragen lassen sich weder abreißen noch umnutzen (Investitionsruinen und Tilgungslasten bei Sozialbindung).
Tiefgaragen können statische Tabuzonen mit baulichen Beschränkungen bedeuten: Über der Tiefgarage Am Kesselbrink kann aus statischen Gründen nicht mehr gebaut werden, um den Platz ggf. zu verkleinern und sozial kontrollierbarer zu machen. Die noch auftragbare Erdschicht ist für Baumarten mit kräftigen, sich selbst versorgenden Wurzeln nicht ausreichend. Die Anlage von Rasen misslingt wegen der geringen Speicherfähigkeit von Feuchtigkeit. Im Zuge der Hitzerekorde im Klimawandel ein teurer und aussichtsloser Dauerpatient. Deshalb wurde für die Neugestaltung des Jahnplatzes eine mittlerweile verworfene Lösung vorgeschlagen: Platzierung von Bäumen in Riesenkübeln, weil auf der Decke der darunterliegenden U-Bahn an Pflanzung von Bäumen nicht zu denken ist. In der Übertragung auf Rochdale wäre dies eine indirekte „Versiegelung von unten“ entgegen ökologischen Optionen für ein neues Quartier. Eine gern gezeigte Dachbegrünung kann solche Fehlentwicklungen nicht kompensieren.
Derartige Zukunftsfestlegungen für das Rochdale-Quartier wären nicht mehr revidierbar. Aus statischen und wirtschaftlichen Gründen ist zu befürchten, vorrangig unbebaute Oberflächen zu untergraben wie eben den urbanen Dorfplatz. Damit hätte man ihm den Charme geraubt, bevor seine Zukunft begonnen hat. Deshalb plädiere ich vor dem städtebaulichen Wettbewerb und dem nachfolgenden B-Planverfahren schon heute völlig unabhängig von der verkehrspolitischen Relevanz von Tiefgaragen für eine vorausschauende Reservierung von Schutzzonen vor TIEFGARAGEN und TRANSITVERKEHR unter unbebauten Freiflächen wie dem urbanen Dorfplatz, dem zentralen Mittelpark nördlich des Treibhauses und möglicherweise weiteren dezentralen Begegnungsflächen, die ggf. in den Wettbewerbsvorlagen zu definieren sind. Andernfalls würde es sich um einen falsch verstandenen „Urbanitätsbegriff“ handeln (vgl. Skizzen Drees und Sommer).